Warum du keine enge Nische brauchst

Juni 19, 2019
von Angelika Färber

Warum du keine enge Nische brauchst

Aktualisiert am: 29.05.2020

Vor einiger Zeit lauschte ich einem Vortrag von zwei Gründerinnen und da fiel er wieder, dieser Satz:

„Du musst eine enge Nische finden“. 

Oder auch: „Am besten du positionierst dich gleich ganz spitz“.

Wenn ich Leute sowas sagen höre, dann kriege ich die Krise.

Weil ich weiß, dass dieser Satz vielen Solo-Unternehmern unheimlich viel Druck macht und bis hin zu einer Blockade führen kann. Denn ganz so einfach ist das für uns Solo-Unternehmer nicht.

Es ist was anderes, wenn du Startup-Gründer bist, oft nicht mal alleine, und du dich mit einem Produkt an einen größeren Markt richtest. Im Massenmarkt ist es wichtig, eine enge, vor allem gute Nische zu finden.

Doch für uns Solo-Unternehmerinnen funktioniert das so nicht. Als Solo-Unternehmerin kannst du deine Positionierung oder deine Nische nicht einfach anhand von harten Zahlen, Daten und Fakten entscheiden. 

Als Solo-Unternehmer ist deine Persönlichkeit ganz eng mit deinem Business verbunden – untrennbar

Und wenn dir so wie mir Integrität wichtig ist, wenn du Wert darauf legst, dass das, was du nach außen zeigst auch deiner Persönlichkeit entspricht, dann spiegelt dein Außenbild den Stand deiner inneren Entwicklung wider. 

Dann kannst du nur mit dem nach außen gehen, was sich im Inneren für dich stimmig anfühlt. Der Stand deiner persönlichen Entwicklung ist also entscheidend. Und persönliche Entwicklung braucht nun mal Zeit und lässt sich nicht erzwingen.

Vergiss die "BWL-Sicht der Dinge"

Wenn du für dich im Inneren noch nicht die Überzeugung gewonnen hast, dass du in einem ganz bestimmten Bereich gut genug bist, um Leuten damit zu helfen, dann wirst du dich nicht trauen, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Dann ist für dich erst einmal dran, deine Blockaden anzugehen, deine Überzeugungen zu überprüfen. 

Dieser wichtige Aspekt der Persönlichkeit kommt in den üblichen Marketing- und Wirtschaftslehrbüchern nicht vor - weil sie sich mit Unternehmen, Märkten und Marken befassen. Und nicht wenige, die ein solches schlaues Buch mal in den Händen hatten, übersehen genau das.

„Du musst eine enge Nische finden“ spiegelt für mich die nüchterne BWL-Sicht der Dinge wider, wie ich sie gerne nenne, die auf uns Solo-Unternehmer nicht 1:1 übertragbar ist.

Deshalb, falls ein Unternehmensberater oder glücklicher Startup-Gründer dir diesen gut gemeinten Ratschlag erteilt, erkläre ihn bitte nicht zum alles entscheidenden Mantra.

Was nicht heißt, dass du dir keine Gedanken darum machen solltest, wie du dich stärker spezialisieren könntest. Aber nimm den Druck raus. 

Ein weiteres Problem, das ich mit diesem Satz habe, ist, dass er impliziert, enger ist gleich besser.

Doch das muss so nicht stimmen.

Auch eine mittlere Nische kann gut funktionieren

Es kommt dabei auch sehr stark auf dein Umfeld an, auf deine Wettbewerbssituation.

Wenn du zum Beispiel lokal arbeitest, hängt dein Geschäftserfolg auch sehr davon ab, wie viele andere gleiche Anbieter in deiner Umgebung sind. Das kann je nach Region sehr unterschiedlich sein.

Wenn du der einzige Bäcker im Dorf bist, dann musst du weniger Argumente finden, warum Leute zu dir kommen sollten, als wenn du einer von fünf in der gleichen Nachbarschaft bist.

Oder nehmen wir mal das Beispiel Coaching. Vor einigen Jahren war ein Coach in Deutschland noch ein echter Exot. Da war es möglich als Coach viele verschiedene Problemfelder zu bedienen.

Heute ist der Coaching Markt sehr überlaufen, Coaches sind auch gerade durch das große Angebot an Leuten, die ihre Begleitung online anbieten, überall verfügbar, und der Begriff ist mittlerweile überstrapaziert.

Somit ist es tatsächlich ratsam, ein solches Business bereits mit einer stärkeren Spezialisierung zu starten und nicht der Coach für alle und für alles zu sein.

Doch auch hier gilt: Finde vor allem das, was zu deinem Inneren passt.

Wenn du da in dich hineinschaust, wirst du ganz sicher bestimmte Präferenzen entdecken und feststellen, dass du ohnehin nur auf bestimmte Themen Lust hast. Und dass es Gruppen von Leuten gibt, denen du gerne hilfst, während du andere lieber links liegen lässt.

Oft bleiben wir aus Angst vage und halten uns Optionen offen

Wenn du dennoch im Außen eher vage bleibst und du dir, was Leistungsangebot und Zielgruppen angeht, viele Optionen offen halten willst, ist das oft auf die Angst zurückzuführen, mit einem fokussierten Angebot nicht genügend Kunden zu gewinnen.

Manchmal kann aber auch die Angst dahinter stecken, nicht gut genug zu sein, bestimmte Erwartungen nicht erfüllen zu können. In diesem Artikel spreche ich darüber: "Positionierung: Warum sagst du nicht einfach, worum es geht".

Doch es gibt noch eine ganze weitere Reihe an Positionierungsängsten. Mehr dazu erfährst du im Artikel "6 Ängste der Positionierung und wie du mit ihnen umgehen kannst".

Was auch immer bei dir der Grund ist, weshalb du nach außen noch nicht Farbe bekennen willst - denke einmal an ein konkretes Problem, das du hast und für dessen Lösung du dir Unterstützung wünschst:

Würdest du zu jemanden gehen, der eine ganze Reihe anderer Problemfelder bedient oder zu jemanden, der einen starken Fokus und eine echte Leidenschaft für dein Problem zeigt?

Du merkst, der Gedanke, dass ein vages, breites Angebot dir leicht viele Kunden bringt, ist ein Trugschluss.

Fazit

Du siehst also, der Satz „Du musst eine enge Nische finden“ ist für Solo-Unternehmerinnen nur bedingt hilfreich. 

Es ist wichtig, das Thema im Auge zu behalten, doch meine Empfehlung an dich ist: Arbeite immer mit dem, was du hast. Lasse nicht zu, dass du wegen der Suche nach der super perfekten, engen Nische in eine Art Schockstarre gerätst.

Nur wenn du mit der Idee, die du jetzt aktuell von deinem Business hast, dich nach außen zeigst, kannst du merken, an welchen Stellen du unklar bist. An welchen Punkten du dich stärker differenzieren musst, welche Kunden du dadurch anziehst und welche du am liebsten hättest.

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Wer schreibt denn hier?

Ich bin Angelika Färber und ich helfe ambitionierten Solo-Unternehmerinnen, sich klar zu positionieren und eine stimmige Marketingbotschaft zu entwickeln, damit Kunden direkt den Nutzen ihres Angebots verstehen.




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  1. Liebe Angelika,

    ich habe beim Lesen immer fleißig genickt. ? Das mit der Nische wird mir oft auch viel zu dogmatisch gesehen. Wie man sich aufstellt, hängt von so vielen Faktoren ab.

    Davon abgesehen: Wenn eine Nische noch nicht besetzt ist, ist das nicht gleich eine Marktlücke. Es kann ja gut sein, dass die Nische sich einfach nicht lohnt … Also, danke für diesen Artikel, der bestimmt bei vielen Selbstständigen den Nischen-Druck herausnimmt.

    Liebe Grüße
    Simone

    1. Liebe Simone,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, das Dogmatische wird gerade den unterschiedlichen persönlichen Aspekten und Wünschen von Solo-Unternehmern nicht gerecht. Ich finde es wichtig, den Druck rauszunehmen. Du machst auch nochmal deutlich, dass enger nicht immer besser sein muss. Ich kann auch zu speziell sein und dann ist die Nachfrage tatsächlich zu gering.

      Liebe Grüße
      Angelika

  2. Hm, das ist so schön gesagt, dass man „den Druck rausnehmen“ soll beim Nische finden … aber das Ding ist ja, dass eine definierte Nische es dir viel viel viel leichter macht, sich zu positionieren, was es wiederum viel leichter macht zu wissen, was die Inhalte deines Content Marketings sind …
    Aber klar soll es nicht zur Schockstarre führen …

    Letztlich argumentierst Du doch für die Nische – wie eng oder weit sei dahingestellt … 😉

    1. Hallo Frank,

      vielen Dank für deinen Kommentar!

      Dass eine gute Nische hilfreich ist und vieles leichter machen kann ist außer Frage. Doch was ist „die“ Nische? Mir geht es um eine differenziertere Sicht des Ganzen. Der vollständiger Titel wäre wohl „warum du nicht zwangsläufig eine enge Nische brauchst.“ Wie im Artikel gesagt, ist eine enge Nische nicht für jeden direkt umsetzbar. Letztlich ist sie ein Ideal. Und wie ebenfalls gesagt kann auch „mittelnischig“ funktionieren. Statisch ist das Ganze ohnehin nicht. Was vor Jahren noch nischig war, ist es heute nicht mehr. Mancher muss sich dann weiterbewegen, andere haben dann schon ein gewisses Standing, das sie weiterträgt.

      Viele Grüße
      Angelika

  3. Am Anfang meiner sozial Mediazeit, und die ist noch nicht lange her, kamen immer wieder Coachs auf mich zu, die mir erzählen wollten, meine Praxis könne nicht laufen, weil sie ein „Bauchladen“ sei. Ich solle mich in einem Gebiet, bedeutet auf eine Krankheit, spezialisieren und dort meinen Profistatus erlangen. Ich bin aber schon sehr lange ein Profi im eigenen Bauchladen, der super funktioniert.
    Alles Liebe
    Annett

    1. Hallo Annette,

      danke dir für deinen Kommentar!

      Das freut mich für dich, dass deine Praxis so für dich funktioniert. Ich würde jetzt nicht für einen Bauchladen plädieren wollen, aber wie gesagt, kommt es auch noch auf ein paar mehr Faktoren an, ob eine Ausrichtung funktioniert oder nicht. Die kenne ich bei dir natürlich nicht. Und auch dein Engagement in den sozialen Medien fällt sicher positiv auf. 🙂

      Liebe Grüße
      Angelika

  4. Hallo Angelika,

    genau diese Erfahrung habe ich auch schon gemacht… da wird ein Mantra verkauft, das einfach nicht klappt. Denn erstens muss ich meine Muster selbst lösen, dass kann niemand anders für mich tun. Und ich muss Entwicklung zulassen, und die benötigt vor allem eines: Zeit.

    So wird sich – der entsprechende Fokus vorausgesetzt – in einiger Zeit wie von selbst „die perfekte Nische“ ergeben. Für mich.

    lg
    Michael

    1. Hallo Michael,

      danke dir für deinen Kommentar!

      Ja, es stimmt, man muss bereit sein für Entwicklung, nichts erzwingen wollen und auch sich selbst die nötige Zeit dafür geben. Und klar, deine Muster kannst nur du selbst lösen und niemand kann dir Entscheidungen abnehmen. Ich denke aber, dass wir, gerade was das Muster auflösen angeht, manchmal besser dran sind, wenn wir uns Hilfe dazu holen. Denn manchmal erkenne ich alleine nicht, dass mich z.B. ein bestimmter Glaubenssatz hindert. Da ist es gut jemanden zu haben, der einem das spiegelt. Aber auch dazu muss man bereit sein und das wollen. Durch Hilfe von außen kann ich Dinge beschleunigen, das ist nicht immer das Schlechteste. Denn häufig stehen wir uns doch selbst im Weg und kreisen immer wieder um unsere eigenen Gedanken. Wie auch immer du deine Muster für dich löst – ich wünsche dir viel Erfolg und gutes Vorankommen!

      Viele Grüße,
      Angelika

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